Forum Öffentlicher Raum, Bern. FÖR.Bern
Eben erst haben wir uns über die Ankündigung gefreut, dass der Anteil des MIV (motorisierter Individualverkehr) an der Mobilität in der Stadt Bern spürbar reduziert werden soll. Welch Potenzial, um einen lebendigen öffentlichen Raum für alle zurückzuerobern. Welche Aussicht auf einen qualitätsvollen Stadtraum im Unesco Weltkulturerbeperimeter! Aber nein, zu früh gefreut: im Rahmen der 2020 genehmigten Netzstrategie ÖV Kernagglomeration Bern der Regionalkonferenz Bern Mittelland wird bis 2040 eine Zunahme des ÖVs um 73% prognostiziert. Das in Aussicht gestellte Vakuum durch die Reduktion des MIVs wird durch das zeitgleiche Wachstum des ÖVs mehr als ausgefüllt, so die Prognosen.
Gleichzeitig stellen wir aber fest, dass der Raum rund um den Bahnhof Bern, in der Markt- und Spitalgasse bereits heute von hohen Frequenzen des Bus- und Tramverkehrs bestimmt werden, sodass gemütliches Flanieren zur gefährlichen Aktion werden kann. Wie wird dieser Ort in zwanzig Jahren aussehen? Was haben Flanierende dann zu erwarten? Wo finden sie dort Räume, welche atmosphärisch, identitätsstiftend sind und vielfältige, soziale Interaktion befördern? Wie wird der öffentliche Raum rund um den Bahnhof und in der Innenstadt von Bern künftig aussehen?
Diese Fragen haben die Planer-Fachverbände von Bern aufgegriffen. Im Forum Öffentlicher Raum FÖR.Bern (www.foer-bern.ch) setzt sich der BSA zusammen mit dem SIA, dem BSLA und dem SWB ein für die Stärkung dieses öffentlichen Raumes und für einen bedarfsgerechten, stadtverträglichen Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Im Zentrum steht einerseits eine Netzalternative 2045, welche in Zusammenarbeit mit Fachleuten erarbeitet wurde. Es werden 4 starke Durchmesser-Tramlinien vorgeschlagen sowie ein ergänzendes Netz von Elektro-Doppelgelenkbussen. Ferner wird eine Fokussierung auf eine zweite Tramachse in der Bundes- und Kochergasse vorgeschlagen, welche die Hauptachsen und den öffentlichen Raum rund um den Bahnhof entlastet und somit aufwertet. Gleichzeitig sollen auch die wichtigen Querräume senkrecht zu den Hauptgassen (Hirschengraben, Christoffelgasse) als Potenzialräume aktiviert werden. Die vorgeschlagene Netzalternative und die zweite Tramachse in der Bundes- und Kochergasse ist zudem weit günstiger, schneller und konfliktfreier realisierbar als die bisher von offizieller Seite präferierte, zweite Achse über die Lorrainebrücke.
In der anstehenden Zweckmässigkeitsprüfung werden ab Sommer 2022 die verschiedenen Optionen der Tramachsenführung erneut geprüft. FÖR.Bern engagiert sich für eine neutrale Bewertung der zu prüfenden Varianten und für eine gebührende Berücksichtigung der resultierenden stadträumlichen Lebensqualitäten und -potenziale. Das richtige Mass und was Stadtverträglichkeit ist muss gesellschaftlich ausgehandelt werden. Es erfordert eine Balance und ein Gleichgewicht zwischen allen Mobilitätsakteuren, die sich im öffentlichen Raum bewegen – die Debatte ist lanciert!
Netzstrategie ÖV der Kernagglomeration Bern RKBM hier
Netzalternative 2045 der Planerfachverbände, Netzplan hier
Zweite Tramachse durch Bundes- und Kochergasse, Stadtraumplan hier
Link zum Forum Öffentlicher Raum Bern, FÖR.Bern hier
vorgestellt von Pascale Bellorini und Patrick Thurston