«How will we live together?», war das Motto der letzten Architekturbiennale. Viele der Beteiligten beantworteten diese Frage im Geist unserer Zeit sehr grundsätzlich: Wie mag es sich mit Vögeln, Serverclustern und Schimmelpilzen leben? Eher wenige gaben Antworten, die den unmittelbaren Alltag betreffen. Und eigentlich nur eine Gruppe berichtete über den gelungenen Weg zum Zusammenleben. Anne Kockelkorn, Susanne Schindler und Marie-Anne Lerjen präsentierten keine Utopien, sondern die historischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Hintergründe der Zürcher Genossenschaftskultur. Wir haben über die Wohnprojekte regelmässig berichtet (vgl. Zollhaus Zürich in wbw 11–2021 oder Hobelwerk Winterthur in wbw 7/8–2022).
Doch wie steht es um gemeinschaftliche Wohnmodelle abseits von Zürich? Was läuft in Bern, Basel, München oder London? Da, wo der wirtschaftliche Druck (abgesehen von den Beispielen aus dem Ausland!) noch nicht ganz so gross ist, wo es Nischen gibt, wo der Boden (in der Peripherie) noch verfügbar ist – und nicht an den Meistbietenden geht. Uns interessieren Beispiele, die stark vom bekannten genossenschaftlichen Groove um Waschküchenordnung und Wohnkomfort abweichen: Junge Gemeinschaften suchen nach Wegen, um das Zusammenleben in der Dichte und unter dem Gebot der Nachhaltigkeit auf rarem Boden zu erproben – und zu leben. Hintergrund sind Überzeugungen genauso wie der Wunsch, eigenen Vorstellungen von gutem Leben Ausdruck zu geben und zahlbaren Wohnraum in der Stadt eben selbst zu schaffen.
Diese Glücks und Spezialfälle können für das breite Wohnen nur bedingt Vorbilder sein, und doch erzählen sie alle etwas von einer Stadt, die anders funktioniert, als es uns die gängige Projektentwicklung vormacht. Und sie sind allesamt architektonisch bemerkenswert und beweisen somit, dass soziale Form in der heutigen Zeit auch ein Bild braucht, ein Image, einen architektonischen Ausdruck, der sich bei Geldsuche, Kaufverhandlungen und im Austausch mit Ämtern kommunizieren lässt.
Architektur baut darum mit der richtigen Bauherrschaft auch am Sozialen mit und führt zu Lösungen und zu Lebensentwürfen, die zuvor noch nicht imaginiert worden waren – aber möglich sind und funktionieren, wie dieses Heft zeigt. — Tibor Joanelly, Jenny Keller