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werk, bauen + wohnen 6–2024

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Freiraum als Prozess

Öffentlicher Raum ist ein stetiger Prozess. Er ist weit mehr als seine gebauten Bestandteile. Als Freiraum umspült er die Häuser einer Ortschaft oder des Quar- tiers, als gesellschaftlicher Ort will er gestaltet sein und verleiht der Gemeinschaft Ausdruck.

Hinzu kommen neue Herausforderungen. Als Stadträume in Verhandlung sind Barcelonas Superblocks auch in der Schweiz ein Vorbild: Basel setzt erste Superblock-Pilotprojekte diesen Herbst im Quartier St. Johann in fünf Strassen um, verlegt den Autoverkehr, schafft grüne Inseln, Spiel- und Sitzmöglichkeiten und differenziert damit den Strassenraum als Raum für eine vielfältige Öffentlichkeit. Der Komfort einer kollektiven Nutzbarkeit soll den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Identifikation stärken. Mehr Lebensqualität in der Stadt ist die politische Forderung – doch zieht auch die Bevölkerung mit? Nur wenn sie solche Projekte mitträgt, können diese erfolgreich sein, weiss man in Basel, das mit 18% der Strassen das grösste Superblock-Potenzial in der Schweiz hat. Denn die Menschen in den Quartieren sind es, die durch ihren Alltag, durch ihre Wahrnehmung und Zuschreibung den öffentlichen Raum und dessen Entwicklung prägen.

Auch in Bern oder Zürich sind ähnliche Massnahmen in Vorbereitung. Die Verbesserung des Stadtklimas und eine Reduktion der Verkehrsbelastung spielen dabei eine zentrale Rolle. Dichte Stadtquartiere schnappen in heissen Sommern nach einem kühlenden Luftzug, Schatten wird zum wertvollen Gut und entsiegelte Böden helfen beim Regenmanagement. Gleichzeitig braucht es alternative Formen der Mobilität. Öffentlicher Raum ist weit mehr als Verkehrsfläche für parkende und fahrende Autos. Warum nicht den Bewohnerinnen und Bewohnern mit dem Velo und zu Fuss Platz geben? Wo solche Ideen bereits umgesetzt wurden, wirkt der Strassenraum erst einmal ungewohnt. Zugang für alle will gestaltet sein – es ist ein bewusster Entscheid einer Gesellschaft, wem sie ihren gemeinsamen Raum widmet. Doch inklusive Räume zu gestalten, kann auch heissen, sie als Freiraum zu erhalten – frei zur eigenen Entdeckung, als Orte, an denen man sich wohlfühlt, frei zum Aneignen und zum Teilen. — Lucia Gratz

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