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werk, bauen + wohnen 9–2024

werk, bauen + wohnen 9–2024

Grüezi, Salut, Salve!

Auf dem Dorf, da ist die Welt in Ordnung. Man kennt sich, man grüsst sich und wenn nötig, hilft man sich. So lautet der weit verbreitete Tenor über den Unterschied zum anonymen Leben in der Stadt. Das Leben im Dorf bringt Gemeinschaft und Nähe, ob man will oder nicht.

Doch um sich zu kennen und zu grüssen, muss man sich begegnen können. Auch auf dem Dorf ist das nicht mehr so einfach. Vielerorts verschwin­den die dörflichen Treffpunkte von früher – die Dorfbeiz, der Dorfladen oder der Postschalter. Sie verschieben sich in grössere Ortschaften oder gleich ins Digitale. Die neuen Wege führen aus dem Dorf hinaus, Pendlerinnen und Pendler strömen in die Städte, zur Arbeit oder in die Schule, nur um abends am Dorfrand in ihren Häuschen zu ver­ schwinden. Der Weg ins Dorf wird seltener in Angriff genommen, die Mitte leidet und bedarf der Zu­wendung. Das Oberwalliser Dorf Stalden und das hochsavoyische Scionzier gehen hier mit gutem Beispiel voran. Ihre Zentren statten sie mit neuen Qualitäten aus, sie schaffen Raum für Begegnungen im Grossen und im Kleinen: am rau­schenden Fest, aber auch beim spontanen Schwatz in der Nachbarschaft.

Ausserdem bestätigt die Recherche zu diesem Heft: Das Dorf gibt es nicht. Obwohl vielerorts ähnliche Kräfte wirken, unterscheiden sich die Dorfrealitäten und damit auch die Handlungsfelder. Im Freiburgerland warten leerstehende Landwirt­schaftsbauten auf neue Nutzungen. Das junge Büro Bard Yersin verwandelt sie in Wohnungen, im Örtchen Romanens erweitern sie eine Käserei, die die Landwirtschaft im Ort sichtbar macht und weiterhin zum Kauf lokaler Produkte einlädt. In Berlingen kollidiert der Wille zu verdichten mit dem schützenswerten Ortsbild, regelmässig scheitern Bauanträge an ISOS­-Vorgaben.

Wir baten den Gemeindepräsidenten zum Erfahrungsaustausch mit der Ressortleiterin Bau der Wakkerpreis-Gemeinde Sempach an einen Tisch. Im Gespräch erfuhren wir vom Berlinger Sonderweg und dass aus den strikten Vorgaben neue Lösungen entstehen können, die trotz aller Unterschiede für viele Dörfer wegweisend werden könnten. — Jasmin Kunst, Christoph Ramisch