Über die Hälfte des Gebäudebestands der Schweiz sind Einfamilienhäuser. In ihnen leben aber nur 27 Prozent der Menschen, viele davon sind über 65 Jahre alt. Der Flächenverbrauch ist katastrophal. Die drängende Nachverdichtung stockt. Die Probleme sind hinlänglich bekannt und in Fachkreisen unwidersprochen. Das Einfamilienhaus gilt als Stiefkind einer nachhaltigen Raum- und Wohnbauplanung. In unserem Gespräch ab Seite 12 wirbt Angelus Eisinger, der Direktor des Planungsdachverbands Region Zürich und Umgebung RZU, dennoch dafür, die Typologie nicht weiterhin zu ignorieren. Denn allen fachlichen Einwänden zum Trotz ist das eigene Heim mit Garten noch immer das Wohnideal sehr vieler Menschen. Und wo eine Nachfrage besteht, entsteht ein Angebot. Dieses den renditegierigen Bauträgerschaften zu überlassen, ist fahrlässig und strategisch falsch.
Dass es auch besser geht, zeigen nicht zuletzt die vielen Architekturauszeichnungen, die von allen Seiten medienwirksam verliehen werden. Unter den preisgekrönten Bauten finden sich immer viele Einfamilienhäuser, gern auch in der Nachwuchskategorie. Für junge Architektinnen und Architekten ist die Aufgabe oft der Einstieg in die berufliche Selbstständigkeit. Statt aber luxuriöse Eitelkeiten zu entwerfen, nutzen diese oft die Gelegenheit, um im kleinen Massstab an grossen Fragen zu feilen. Wie unsere Auswahl ab Seite 18 zeigt, werden in Einfamilienhäusern neue Modelle des Zusammenlebens entwickelt, klimagerechte Bauweisen erprobt und auch mal Vorschriften und Normen kritisch hinter fragt. Das Eigenheim ist längst auch Labor.
Solch innovativen Projekten soll das Heft die Bühne bereiten. Erstmals seit 1980 trägt eine Ausgabe dieser Zeitschrift das Einfamilienhaus wieder im Titel. Es ist an der Zeit, frisch auf diese Typologie zu blicken, ihre Eigenheiten und Probleme klar zu benennen, aber in ihr auch das Potenzial für zukünftige Lösungen zu erkennen. — Christoph Ramisch