close
BSA Ostschweiz, Statements,

Polizei- und Sicherheitszentrum Schaffhausen

(bsa/sia) Die Fachverbände BSA und SIA Schweiz kritisieren die Art der Ausschreibung von Architektur-und Planerleistungen für das neue Polizei- und Sicherheitszentrum Schaffhausen als technisch „nichtfachgerecht“ und als baukulturell „höchst bedenklich“. Sie fordern die kantonalen Instanzen auf, das „in-akzeptable“ Verfahren zu revidieren. Sie kritisieren die städtischen Baubehörden wegen ihrer passivenHaltung und empfehlen den Planungsbüros, das Verfahren zu meiden.

Im Juni 2018 haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger des Kantons Schaffhausen dem Kreditbegehren fürden Neubau eines Polizei- und Sicherheitszentrums im Betrag von 93.35 Millionen Franken zugestimmt. Es soll aufdem Schaffhauser Stadtgebiet in Herblingen und in der Nähe des neuen Fussballstadions errichtet werden. Basisfür das Kreditbegehren war eine Machbarkeitsstudie des Architekturbüros BGP, Bob Gysin und Partner, Zürich.Diese Studie wurde für die Abstimmungsbotschaft ohne Konsultation der verfassenden Architekten zusätzlich visu-alisiert. Die Grobstudie dient nun unbesehen als Projektgrundlage für eine Generalplaner-Ausschreibung, welcheirreführend als Projektwettbewerb bezeichnet wird.

Die Fachverbände BSA Schweiz und SIA Schweiz wehren sich vehement gegen diese Vorgehensweise, die sieaus technischer Sicht als „nicht fachgerecht“ und baukulturell als „höchst bedenklich“ einstufen. Sie fordern diekantonalen Instanzen auf, das geplante Verfahren zu revidieren. Sie verlangen ein lösungsorientiertes Verfahren,um zu einem geeigneten Konzept für diese wichtige und grosse öffentliche Baute zu gelangen. Der Verein BWAOstschweiz, welcher Verfahren und Ausschreibungen beurteilt (bwa-smile.ch/bwa-ostschweiz/), bezeichnet dasVerfahren ebenfalls als „inakzeptabel“.

Nach der erfolgreichen Volksabstimmung im Juni 2018 ist im Sommer 2018 über die Lokal- und Fachpresse publikgeworden, dass der Kanton Schaffhausen ein bedenkliches Verfahren für die Ausschreibung der Architektur- undPlanerleistungen anstrebt. Die Fachverbände haben darauf hin das Gespräch mit dem verantwortlichen Kantons-baumeister gesucht. In mehreren Gesprächsrunden haben der SIA Schweiz und Vertreter der Kommission SIA142/143 Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, wie das bedeutende Schaffhauser Projekt fachgerecht ausgeschriebenwerden könnte. Leider ist der Dialog von den kantonalen Behörden einseitig abgebrochen worden. Die Fachver-

bände sehen es deshalb als ihre Pflicht an, die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die politischen Behörden unddie Planungsbüros bezüglich der wichtigsten Aspekte zu informieren.

Das ist kein Projektwettbewerb:
Die kantonalen Behörden sehen vor, die Planungsarbeiten über ein diffuses Konstrukt, das eine Mischung vonTeillösungen in Kombination mit einer Honorarofferte einfordert, zu vergeben. Die Ausschreibung suggeriert, dassmit den Basiskonzepten der Machbarkeitsstudie schon alles gelöst sei. Es geht nur noch um Optimierungen imBereich Treppen- und Medienerschliessung sowie der Fassade. Ein komplexer Neubau wie ein Polizei- und Justiz-zentrum erfordert jedoch eine inhaltlich offenere Herangehensweise. Nur damit kann sichergestellt werden, dassdie funktionalen und ökonomischen Aspekte im Quervergleich abgewogen und das bestmögliche Konzept eruiertwird.

Planerische Grundlage:
Eine Machbarkeitsstudie, wie sie in diesem Fall für das Polizei- und Sicherheitszentrum vorliegt, ist nur eine Test-planung, welche die Plausibilität für ein Bauprojekt abgeklärt hat. Sie ist noch kein Projekt. Wenn nun diese Vor-studie bereits als Basis für die Ausführung bestimmt wird, dann verschliessen sich die Bauträger und Nutzer eineroptimalen Lösung. Sie verweigern sich einer strategischen Gesamtschau, was städtebaulich, funktional, technischund ökonomisch höchst riskant ist. Wenn ein grobes Funktionsschema unreflektiert umgesetzt wird, besteht einerhebliches Risiko, dass ein funktional eindimensionales und damit unökonomisches und nicht nachhaltige Bau-werk erstellt wird. Dies wird für den Betrieb und das Personal in Zukunft zu einer schwer lastenden Hypothek wer-den.

Beurteilungsgremium:
Das vorgesehene Verfahren ist technokratisch und kurzsichtig aufgebaut. Mit einem Heer von Experten soll überdie Beurteilung von vielen Teilfragen ein ganzes Planerteam bestimmt werden. Im Beurteilungsgremium sind dieAspekte Städtebau und Architektur nicht durch unabhängige und fachlich anerkannte Fachkräfte abgedeckt. Diefachlich ungenügend besetzte Jury wird qualifizierte Büros davon abhalten, an diesem Verfahren teilzunehmen. Esdroht die Vergabe an ein schlecht qualifiziertes und preisgünstiges Planerteam mit Mängeln in der Planung undBauqualität.

Förderung lokaler Büros:
Mit dem vorgesehenen Verfahren fragen die Behörden ein planerisches Gesamtpaket mit allen Fachplaner-Leistungen an. Indem sie dies tun, legen sie sich vergaberechtlich ein enormes Korsett an. Bei der Besetzung vonMandaten für Fachingenieuren oder Fachspezialisten sind sie fest gebunden und können keinerlei honorartechni-schen und fachlichen Retuschen mehr vornehmen. Das ist technisch riskant und verunmöglicht, kantonalen Bürosim Nachgang noch Offertmöglichkeiten anzubieten. Das Hochbauamt als Fachorgan hat auf diese Weise zwarweniger Vergabeaufwand, es kann aber auch nicht mehr eingreifen.

Rolle der Stadt Schaffhausen:
Die Stadt Schaffhausen tritt bei diesem Verfahren als Bewilligungsbehörde auf. Es ist nicht tragbar, dass die Stadtin einer Zone für öffentliche Bauten und Anlagen keine höheren Anforderungen an die Qualität des Prozesses undan die städtebauliche und architektonische Qualität stellt. Sowohl der Kanton wie auch die Stadt sind daran erin-nert, dass sie planerisch, baukulturell und ökologisch eine Vorbildfunktion wahrzunehmen haben. Das Verfahrenfür das Polizei- und Sicherheitszentrum sendet eine verheerende Signalwirkung aus.

Die Fachverbände fordern die kantonalen und städtischen Instanzen aus oben genannten Gründen auf, das Vor-gehen bezüglich der Ausschreibung nochmals zu überdenken und zu überarbeiten. Den Planungsbüros empfehlensie, das Verfahren in seiner jetzigen Ausformulierung zu meiden.

Ludovica MoloPräsidentin BSA

Stefan CadoschPräsident SIA