L’Aquila
Italien ist einfach nicht zu fassen! Aber hier in L’Aquila ist nicht mal die Materie stabil. Das beschäftigt nicht nur die erdbebengeplagte Bevölkerung. In einer ganz anderen Dimension sucht ein grosses Team von Forscherinnen und Forschern nach physikalischer Erkenntnis, tief im höchsten Berg der Abruzzen, dem Gran Sasso (2912 M.ü.M.), wo sich die grössten unterirdischen Versuchslabore der Welt befinden, welche Elementarteilchen untersuchen.
Teil 3: L’AQUILA: Hier sind Feigen rar, dafür fällt in allen Orten rund um L’Aquila die grosse Zahl an Baukran-Anlagen auf. Selbst in Santo Stefano di Sessanio (1250 M.ü.M), einem Bergdorf, wo wir eine Woche halt machen, gibt es drei grosse Krananlagen, welche für die Sanierung der Schäden des Erdbebens (2009) benötigt werden. „Feigen gibt’s hier keine“, das Klima sei zu rau“, sagt mir eine von harter Arbeit gezeichnete Frau, „in Frühjahr seien selbst die Mandelblüten erfroren!“
In Santo Stefano machen wir noch andere Bekanntschaften; Nicola, Gabriele und Andrea. Davon aber später mehr, nur soviel: Nicola rät uns die Jazz-Tage in L’Aquila zu besuchen, „Il Jazz italiano per le terre del sisma.“
Im Programmheft heisst es: „Seit der ersten Ausgabe haben wir uns entschieden, alle Stimmen des italienischen Jazz zu zeigen, welche die verschiedenen Regionen, Stile und Generationen repräsentieren. Und wir werden dies auch in diesem Jahr tun!“
Dieser Widerstandwille ist in der Region zu spüren! Grosse Tücher an den provisorisch gesicherten Bauten verkünden „L’Aquila Rinasce“ – Wiedergeburt. „Aber so einfach sei das nicht“, erzählt Nicola, „sie hätten ihr Restaurant wegen Covid im Frühjahr schliessen müssen, das ganze Einkommen der Familie sei weggebrochen! Jetzt hätten sie begriffen, dass sie das Schicksal selber in die Hände nehmen müssten: Neuorientierung in der Gastronomie, den traditionellen Anbau des Zafferano di Navelli weiter pflegen ... Und den Mut nicht verlieren!“
Das ist auch die Idee der Jazz-Tage L’Aquila. 200 Frauen und Männer machen Musik in öffentlichen Räumen, auf Strassen und Plätzen der vom Erdbeben stark beschädigten Stadt; 308 Tote, 67’000 Obdachlose, zahlreiche Bauten noch immer unbewohnbar ...
Wir suchen die Piazza Santa Margherita auf und geniessen zwei wundervolle Konzerte (Film hier). Nur wo sind die Zuhörerinnen und Zuhörer?
Das Programm:
Piazza Santa Margherita (detta dei Gesuiti)
MARILENA PARADISI RICCARDO BISEO DUO „ESTAMPORANEA-MENTE”
Marilena Paradisi, voce; Riccardo Biseo, pianoforte
ALESSANDRO GALATI – MIRCO MARIOTTINI „RITUAL SONGS“
Alessandro Galati, pianoforte; Mirco Mariottini, clarinetto
Woher nehmen wir die Kraft zur „Wiedergeburt“? Nähren uns Musik und Kultur? Was ist die Rolle der Architektur und der öffentlichen Räume in einem Dorf oder einer Stadt? Ich würde mich freuen über einen Austausch zu diesen Fragen.
vorgestellt von: Patrick Thurston