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BSA Bern, Capire l'architettura, , Thomas Urfer

vers (l'abandon d') une architecture

vers (l'abandon d') une architecture

Ein Artikel von Thomas Urfer

Wir sind bald wieder dort angelangt, wo man in den 68er Jahren war: wo man eifrigst bemüht war, mit allen denkbaren Nebenwegen Fragen der Architektur zu vermeiden: Soziologie hat sich danach entwickelt und später das Bewusstsein, dass Bauen grundsätzlich und vor allem ein Akt der Energieverschwendung sei - das benötigt neue Lobbys verschiedenster Couleur und Alphabete: Minergie A, B, C und es ist kein Ende abzusehen.

Weitere Nebenkriegsschauplätze sind die sogenannten Raumplanungen, von Verkehrspersonal diktiert und Geographen oder Geometern, denen man Gebiete sorglos abgibt, die grundsätzlich architektonische weil raumbildende Thematik enthalten und, auf Wettbewerbsebene in letzter Zeit völlig ausartend: der Beizug von Landschaftsgestaltern zur Unzeit, weil man davon ausgeht, dass sobald es einen Freiraum gibt (und gibt es Architekturen, wo das NICHT der Fall ist?) es für einen Wettbewerbsentscheid den Beizung von Landschaftsgestaltern brauche. Das ist nur ein Teil dessen, womit man Wettbewerbe befrachtet mit Zeugs, das NIE projektentscheidend ist, wie Konstruktionsschnitte und Berechnungen.

Der Gipfel ist die derzeit laufende Ausschreibung fürs Viererfeld in Bern: das läuft mit dermassen Personalaufgebot, das es die Tendenz haben wird, sich zu neutralisieren ("es allen recht machen?") und gleichzeitig besteht der Anspruch: "wir wollen nichts Einfaches" (AvG), "die Architekten möchten nur Pläne zeichnen" (AvG), "ein offenes Verfahren kann man nicht 100 Büros zumuten" (AvG), anders gesagt: man sucht Komplikationen, möchte Architektur verhindern und hält das Verfahren für eine Zumutung!

Eine Aufgabe ähnlicher Natur besteht in Freiburg. Da wurde vor einigen Jahren die Brauerei Cardinal gelöscht, die vorher noch Durst löschte. Danach ergab sich der Anspruch, hier ein Alternativ-Quartier zu erstellen - Alternativ bezüglich Innovation und vertieftem Energiebewusstsein: dem ist nichts entgegenzuhalten, ausser, dass dies als Nebenkriegsschauplatz KEINEN Städtebau erzeugt. Wir befinden uns wenige hundert Meter vom Bahnhof: eine einmalige Gelegenheit, ein städtisches Quartier zu schaffen - mit wie viel Watt auch immer, das ist nicht das Ausschlaggebende, sondern ausschlaggebend ist, dass eine bauliche Struktur gefordert wird, welche geeignet ist, eine Räumlichkeit mit Proportionen, Ausrichtungen, Licht und Sicht zu schaffen. Man ist sich bewusst, dass es kein Stadion, kein Bahnhof oder Flugplatz und kein Sportzentrum geben soll. So darf man sich doch die Frage stellen, was denn an Baustrukturen für Anforderungen zu stellen sind - und das ist nicht so kompliziert: es gibt mal Bautiefen und Geschosshöhen und eine Geschosszahl.

Vor gut 5 Jahren wurde für dieses Areal ein Wettbewerb ausgeschrieben - offen, einstufig, also der Form nach korrekt. Aber der Auslober (Stadt und Kanton) hat sich den Nebenkriegsschauplätzen gewidmet und bereits die Velos gezählt, die ins Programm mussten, aber von der Stadt drum herum war nicht die Rede und damit auch von keinem Städtebau in Hinsicht einer räumlichen Vorstellung des Quartiers und seiner Vernetzung als Priorität. Also kam es, wie es kommen musste: wenn die Frage so falsch gestellt wird, kann es kaum richtige Antworten geben. Die Jury - es waren auch Stars dabei, die dann aber doch nicht kamen (sie war infolgedessen formell nicht mal entscheidungsfähig!) - wählte ein Projekt aus, das auf sich bezogen blieb und keinerlei Bezüge mit der umgebenden Stadt suchte und entsprechend auch nicht fand - Niemandsland für Landschaftspersonal, zwangsläufig. Nach all diesen Jahren besteht hier nun noch ein Scherbenhaufen: man kann das Projekt nicht weiterziehen (ist aber beflissen, dafür dem Wettbewerb die Schuld zu geben, nicht der Aufgabenstellung oder dem Preisgericht).

Nun kommt der zweite Fehler: man geht wieder nicht an die architektonische Frage, sondern lässt Geographiepersonal planen. Planungen wären eigentlich Verpflichtungen, aber es gibt sehr oft solche, welche ihre Qualität im unbestimmt Bleiben wahrnehmen: da wird den Politikern Hand geboten, ja nichts zu entscheiden und das wird dann noch getarnt durch die Behauptung, das sei Freiheit. Schon Max Frisch sagte: "Man ist nicht realistisch, indem man keine Idee hat." Gesagt, getan, mit einer Baufelddefinition und notabene OHNE Modell haben die "Raumplaner" Stücke zuweggeschnitten um einen obligatorischen Grünanteil von 6'000 Quadratmetern (wieder ein Nebenkriegsschauplatz) und mit Ecken und Kanten und Velowegen und Einfahrtsradien - aber die Baugebiete blieben auf der Strecke!

Es ist nicht beliebig, welche Bautiefen bei Baufeldern entstehen und die Bautiefe ist zwingend gekoppelt mit Vorstellungen über die Bauhöhe. Auf dem Grundstück steht eine Halle von Georges-Pierre Dubois mit grossen Spannweiten und denkmalgeschützt: da haben die Betreiber nun nichts Abwegigeres gefunden, als diese gemäss momentanen Nutzeransprüchen zu unterteilen, also das Potenzial, das sie als überlebendes Zeugnis der Brauerei enthält, nicht zu nutzen. Auf dem Terrain steht des weitern ein Silo und ein Fabrikkamin, beide denkmalgeschützt. Das Silo gehört in diesem Bereich zur prägenden Skyline.

Das ist das Grundstück von 166'000 m2 ...                 ... und darauf stehen denkmalgeschützte Bauten.

Es ist so gross wie zwei massgebende Bebauungen des nahen Pérolles-Quartiers - oder so gross wie die Altstadt von Murten (rechts, blau gepunkteter Umriss)

Nun kommen die "Raumplaner" und zerstückeln es um eine Grünfläche, die lediglich eine Zahl ist, aber als Einziges Form angenommen hat - ungeachtet irgend welcher Höhenkurven: immerhin 11 m Geländesprung. Ganze 4 Baufelder haben sich da ergeben wollen und warten auf Architekten. Das Grünzeug besetzt das Quartier, ohne dass Polizisten ihns räumen werden - aber gemäss obenstehendem Plan sähe hier die Bezugsgrösse etwa wie unten aus - also in Wirklichkeit schon etwas feinmaschiger:

Eine Ausnutzung ist angedacht aber weitgehend ungetestet geblieben und im Interesse der Freiheit dimensioniert man nun Bauhöhen und -tiefen mit einer Treffsicherheit von etwa 2.25: das heisst, was man wirklich bauen kann ist, wenn man auf etwa 2.5 AZ kommen will, 2.25 mal weniger als was die Baufelder vermöchten. Dass mit solcher Treffsicherheit die Definition von Räumen nicht gelingen kann, kümmert niemanden: wir sind nach wie vor auf dem Nebenkriegsschauplatz der "RAUMplanung" - aber Städtebau wäre Architektur.

Konkret heisst es:

-    die Baufelder dürfen mit variablen Höhen bespielt werden (bis 88 m hoch!) - das Silo misst 44 m und ist insofern geschützt, dass es verbleibt in kläglichem Kontext. Der Substanzerhalt ist immer noch die verbreitetste Denkmalverpflegung, denn der Kontext erhält hier keinen Einzug;

-    die Baufelder dürfen mit variabler Tiefe bespielt werden ("Klumpen" von irgendwoher und überall heute)

Es ist halt schon nicht dasselbe, ob man dann...

                                            ... die Höhe um mehr als die Hälfte verringert...

                                                                                    ... oder die Gebäudetiefe – aber der Aussenraum ist kein Kriterium.

Das sieht man auch im Schnitt, der flächig gedacht war: auch hier gibt es halt dann unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten - es macht ja auch niemand ein Bett von 2.40 m Länge: es gibt einfach Regeln, welche gehen und andere, welche nur zwängen.

Der Schnitt oben zeigt das mögliche Ausmass des Baufelds. Wenn man von der möglichen Dichte ausgeht (und das Gelände überall mit Bauten deckt, wo man kann), steht durch die Ausnützung nur etwas weniger als die Hälfte zur Verfügung. Das heisst, dass man entweder weniger hoch baut (Schnitt in der Mitte) oder mit weniger Bautiefe (Schnitt unten). Entsprechend unpräzis werden die entstehenden Aussenräume sein - eine unmögliche Planerleistung! - und ebenso dumm ist es, mit Bautiefen zu operieren, die Nutzflächen erzeugen, deren Gebrauch wegen mangelnder Belichtbarkeit in höchstem Mass eingeschränkt bleiben.

Mit solch kardinaler Bieridee ist man weitab von Architekturfragen gelandet, hat aber dem Zeitgeist gehuldigt und die Beliebigkeit zur Freiheit herausgeputzt: nur ja nichts entscheiden!

Aber sowohl hier wie im Viererfeld wird es einfach nichts Schlaues ergeben. In Freiburg "plant" man nun bereits gut 7 Jahre ohne Steuermann und die Promotoren werden mit Recht wütend, denn es ist an der Stadt, ihnen eine Stadt zu bauen - sie werden sie nutzen und später werden es andere sein und die Stadt überlebt - wenn sie eine vernünftige und einfache Struktur aufweist - wie z.B. die Altstadt von Bern (dargestellt von Paul Hofer in der Publikation "Studie Bern", 1978)

verfasst von Thomas Urfer