Für die Unversehrtheit öffentlicher Räume
Kürzlich, an einem nebligen Vorweihnachtstag im bernischen Seeland bin ich einem Phänomen begegnet, für das ich noch kein treffendes Wort gefunden habe. Eigentlich hab ich’s schon wieder weggesteckt. Doch jetzt sind mir die Aufnahmen in die Quere gekommen.
Wir suchten Stille und Weite, hatten uns den Heidenweg zur St. Petersinsel vorgenommen und kamen dabei im einem der schönsten Dörfer im Seelands vorbei, wollten noch Blumen kaufen für den Advent.
Schon das Übermass an „fahrbarem Blech“ auf dem Dorfplatz störte mein Empfinden, aber ich unterdrückte die Gefühle, weil ich selber im Auto unterwegs war. Kaum trat ich auf den Platz, schallte mir weihnächtlicher Soft-Pop entgegen: „Gloria, gloria, ... glory to god in the highest, ... peace on earth, ...“
Jetzt suche ich nach Worten, um meinem Erstaunen über die weihnächtliche Beschallung des Dorfes Ausdruck zu verleihen; dient Musik hier als Konsum-Vitalizer, soll der Gemeinsinn gestärkt werden, geht es darum, eine festliche Ambience zu verbreiten oder beruhigend auf den zunehmenden, vorweihnächtlichen Stress einzuwirken? Nein, ich suche andere Worte, einen Ausdruck für diese Form von übergriffiger Beschallung, Worte für die Entzauberung der Stille in dieser Jahreszeit.
... Konsumgedüdel
... Kauflärmung
... Konserven-Segen
... Raumbeschallung
... Raumschwellung
... öffentliche Raumversüssung
Ja vielleicht „öffentliche Raumversüssung“ umschreibt am besten, was da auf dem Dorfplatz geboten wird. Brauchen wir das wirklich?
Ich will einfach nur weg.
Vorgestellt von Patrick Thurston