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BSA Bern, Nostre preoccupazioni, , Christoph Schläppi

601 Jahre Berner Münster

601 Jahre Berner Münster

601 Jahre Berner Münster

Wer heute das Münster betritt, kommt am Hauptportal an den Skulpturen zweier mittelalterlicher Werkleute vorbei, die eine Schriftrolle aufspannen. Ihr Text besagt in heutigem Deutsch: Im Jahr 1421 wurde am 11. März der Grundstein zu dieser Kirche gelegt. Als die Inschrift entstand, lag die Grundsteinlegung schon fast ein Menschenleben zurück. Es waren die Jahre, als der Turm langsam emporwuchs, das Langhaus noch eine offene Baustelle war und ein Verschlag behelfsmässig den Chor abschloss – dieser zwar schon mit Glasmalereien, aber noch ohne Gewölbe. An den Altären lasen noch die Priestermönche des Deutschritterordens die Messe.

Bern war in etwas mehr als zwei Jahrhunderten zu einer für damalige Verhältnisse grossen Stadt mit einer Einwohnerschaft von einigen Tausend Menschen herangewachsen. Der Neubau des 1421 angefangenen Münsters sollte eine stattliche Stadtkirche ersetzen. Erst kurz zuvor war ein grosser Teil der Häuser einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen. Unglaublich, wie ein Gemeinwesen unter solchen Umständen den Mut fassen kann, sich eine neue Mitte zu geben, einen neuen Hauptakzent in die Silhouette seiner Stadt einzufügen, ein Zeichen von Selbstbewusstsein und Vitalität zu setzen!

Ein Monument wie das Münster ist nie vollendet, kommt nie zum Stillstand. Lange nach dem Abschluss der eigentlichen Bauarbeiten im späten 16. Jahrhundert strebten Kräfte danach, den Fragment gebliebenen Turm zu Ende zu bringen. Das Vorhaben gelang im späten 19. Jahrhundert, als der aufgesetzte Turmhelm dem Bau die Anmutung einer gotischen Kathedrale einhauchte. Seit jeher ist die Geschichte des Münsters auch eine Geschichte unablässiger Aneignung und Anstrengung. Mit jedem Jahrhundert ist der Aspekt des Pflegens, des Sorgetragens, des Instandhaltens, des Ertüchtigens stärker in den Vordergrund getreten. Die Bauhütte, die sich heute um das Gebäude kümmert, nota bene unter Leitung der ersten Münsterbaumeisterin, blickt inzwischen selbst auf eine Kontinuität von mehr als einem Jahrhundert zurück.

Wie erfolgreich die Erbauer des Münsters gewesen sind, lässt sich vielleicht an den Gästen aus aller Welt beobachten, die mit aller Selbstverständlichkeit auf den Münsterplatz strömen, den Blick zum Turm heben, der in den Himmel wächst, sich neugierig ins Innere begeben. Es lässt sich an der Glaubensgemeinschaft erfahren, die das Haus für Gottesdienste und andere kirchlichen Anlässe regelmässig aufsucht. Es steht ausser Zweifel für jene, welche hier Konzerte besuchen oder sonst unvergessliche Eindrücke mit nach Hause nehmen. Das Münster lebt gewiss nicht nur im Stein, im Glas, im Holz und in den Ziegeln, es lebt auch in den Herzen der Menschen weit herum.

Ob sich die Erbauer des Münsters bewusst waren, wie fragil ihr Werk dennoch sein würde? Dass es seine Botschaft durch Kriege, Hungersnöte, Seuchen würde tragen müssen? Dass es Erdbeben zu überstehen hätte, von Bränden bedroht sein könnte? Was hätten sie darüber gedacht, dass Menschen dereinst auf sechs Jahrhunderte zurückblicken würden, die diese Kirche überdauert hat? Vielleicht war ihr Glaube nicht darauf ausgelegt, an dergleichen zu zweifeln. Heute freilich verstehen sich viele Menschen nicht mehr unmittelbar als Teil der gleichen Botschaft, sehen wenig Verbindung mehr beispielsweise zwischen dem jüngsten Gericht am Hauptportal und ihrer eigenen Existenz.

Doch was, wenn wir die Frage stellen, wie das Münster in sechshundert Jahren aussehen wird? Ob es sich noch immer in einem guten Zustand befinden, noch immer ein Mittelpunkt einer wohlbehaltenen Gesellschaft sein wird? Verlangt uns das Münster in unserer zunehmend fragilen Gegenwart nicht im Grund die gleichen Tugenden ab, die Paulus den Korinthern angemahnt hatte – Glaube, Liebe, Hoffnung? In diesem Sinn wollen wir dieses Jubiläum nicht nur wörtlich als Grund zum Jubeln und zum Feiern nehmen. Sondern wir wollen in ihm Mut schöpfen, die Zukunft anzupacken.

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vorgestellt von Christoph Schläppi