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werk, bauen + wohnen 12 – 2023

werk, bauen + wohnen 12 – 2023

Engagement für eine lebenswerte Stadt

Die Zürcher Arbeitsgruppe für Städtebau (ZAS) trägt ihr Programm bereits im Namen. 30 Jahre lang engagierte sie sich für die Entwicklung der Stadt Zürich als Wohnstadt, als Ort des Gemeinwesens und für erfahrbare, lebenswerte Stadträume. Als Zusammenschluss junger Architekturschaffender, aber auch verwandter Disziplinen, führte die ZAS Protestaktionen gegen Abrisse und überdimensionierte Verkehrsprojekte durch. Sie nahm politisch Einfluss und verschaffte sich mediale Präsenz – vor allem aber lieferte sie mit konkreten wie auch utopischen Vorschlägen immer wieder Stoff für Diskussionen um eine bessere Stadt. Ihre Studien, Projekte und Ideen erzählen vom Aufbruch, doch genauso von den Missständen in der Stadt der Nachkriegszeit. Für deren Zukunft entwarf die ZAS provokativ und selbstbewusst Alternativen zu bestehenden Planungen.
Im Zeitzeugeninterview berichtet Rudolf Schilling, wie Rolf Keller 1959 mit seinem Engagement gegen den Abbruch der Fleischhalle am Limmatquai zur «Urmutter» der Gruppe wurde. Liest man sich durch die zahlreichen Protokolle der monatlihen ZAS-Sitzungen, die in den Nachlässen im gta-Archiv der ETH Zürich erhalten sind, wird deutlich, mit welchem Eifer die ZAS die städtebaulichen Themen ihrer Zeit benannte, diskutierte und eigenständige Positionen dazu entwickelte. Man staunt nicht schlecht, wie ihre Mitglieder in der Studie Zürcher Expressstrassen von 1961 für einen radikalen Stadtumbau eintraten. Dennoch gestalteten sie den städtebaulichen Paradigmenwechsel der 1970er Jahre mit, indem sie die Versprechen der Moderne hinterfragten und an realen Bedürfnissen massen. Nicht grundlos hebt Benedikt Huber in einem Rückblick anlässlich der ZAS-Ausstellung 2000 deren Interesse am Bewahren hervor. Der Städtebau der kleinen Schritte ist es auch, der Mitglieder der späten ZAS, wie Peter Lanz für seine Arbeit im Hochbauamt ab Ende der 1970er Jahre, inspirierte.
Trotz des lokalen Engagements der ZAS reicht die Bedeutung ihres Wirkens über Zürich hinaus: Spricht es nicht für die Lebendigkeit jeder Stadtdemokratie, wenn Akteurinnen und Akteure der Zivilgesellschaft mit guten Vorschlägen etwas bewegen können? Dass Einmischung in die Entwicklung der Stadt wichtiger ist denn je, zeigt die ZAS* als heutiger Zusammenschluss junger Architekturschaffender. — Lucia Gratz